Jeder von uns hat wohl auf die ein oder andere Art von Tantra gehört. Das Wort ist ein indischer Begriff und bedeutet in der Übersetzung "Zusammenhang". Es handelt sich dabei um eine Vielzahl von philosophischen und religiösen Strömungen, welche von der nördlichen Mahayana-Tradition im Hinduismus und Buddhismus ausgehen.
Auch als Tantrismus bekannt, verbindet die Bewegung sowohl die hinduistischen wie auch die buddhistischen Lehren. In ihren Grundzügen ist sie gleichzusetzen mit der Esoterik.
Im zweiten Jahrhundert nach Christus liegen die Ursprünge, wobei allerdings erste schriftliche Aufzeichnungen erst ab dem siebten beziehungsweise achten Jahrhundert nachzuweisen sind.
Tantra steht zudem auch für eine Verbindung von Sexualität und Spiritualität. In Europa führte dies leider durch die Verbreitung falscher Informationen zu einem erheblichen Missverständnis, denn im Gegensatz zur weiterverbreiteten Meinung steht der Sexualakt nicht im Fokus dieser spirituellen Lehre.
Foto: PHOTOCREO Michal Bednarek / Shutterstock.com
Was ist Tantra?
Zu Beginn galt Tantra als eine mit der Esoterik gleichzusetzende spirituelle Lehre aus Indien, die die Lehren aus dem Hinduismus und dem Buddhismus zusammenfasste.
Doch heute kann es durch die weltweit Praktizierenden nicht mehr als einfaches, philosophisch-esoterisches Konstrukt betrachtet werden. Mit einer eigenständigen Religion ist diese spirituelle Lehre mittlerweile gleichzusetzen.
Aber was ist Tantra oder Tantrismus nun genau?
Es ist eine Erkenntnislehre, welche auf der Untrennbarkeit von Relativem und Absolutem basiert.
Ziel ist es, eins mit dem Absoluten zu werden und die höchste Wirklichkeit zu erkennen. Zudem beschreibt sie sich selbst als überwiegend spirituelle Lehre, verwandt mit dem Hinduismus.
Hier steht eine Verbesserung der eigenen Lebensqualität und der Erwerb spiritueller Kenntnisse auf einem hochsensitiven Level im Fokus. Um Letzteres zu erreichen, begeistern viele Anhänger von diesem spirituellen Zusammenschluss sich für Praktiken wie zum Beispiel das Kundalini-Yoga.
Möchte sich jemand das Wissen dieser spirituellen Bewegung aneignen, muss man erst einmal von einem Guru eingeweiht werden. Wichtige Abhisheka oder besser gesagt "Einweihungen" finden hierzu statt.
Die Kernpunkte von Tantra
Von überwiegend okkulten und magischen Ideen ist der Tantrismus durchgedrungen. Diese machen sich besonders in den Ritualen bemerkbar.
Die Kernpunkte sind:
1. Die Darstellung geistiger Prinzipien durch sexuelle Handlungen, die im Tantrismus das Universum darstellen.
2. Ein ausgeprägtes System feinstofflicher Energiezentren, auf dem zahlreiche tantrische Praktiken basieren wie zum Beispiel das Kundalini-Yoga oder das Visualisieren von Göttern.
3. Das Praktizieren von Magie, Ritualen und vielem mehr.
6. Die Erleuchtung durch ein angeeignetes spirituell-mystisches Wissen.
7. Die bewusste Wahrnehmung seines Körpers und der Sinnlichkeit durch die sogenannte Tantramassage, wobei der Beischlaf bei dieser Praktik unerwünscht ist.
Es muss zwischen dem rechten und dem linken Pfad unterschieden werden. Während der linke Pfad Sexualpraktiken mit einbezieht, konzentriert sich der rechte Pfad ausschließlich auf die spirituellen Lehren.
Allerdings ist damit nicht gemeint, dass Anhänger des linken Pfads sich ausschließlich auf Sexualakte fokussieren. Sexuelle Praktiken spielen im originalen indischen Tantrismus eine relativ geringe Rolle.
Auch sollte der Tantrismus nicht mit dem westlich geprägten Neotantra verwechselt werden, dessen übertriebene Fokussierung auf Sexualpraktiken die eigentliche Lehre übersieht. Durch Aleister Crowley entstand das verfälschte Bild des indischen Tantrismus, weil er den Tantrismus mit fragwürdigen Sexualpraktiken identifizierte.
Indischer Tantrismus und Esoterik
Auf den ersten Blick haben beide bereits einige Gemeinsamkeiten. Sowohl die Esoterik als auch der Tantrismus beziehen einen Großteil ihres Wissens aus verschiedenen Religionen.
Allerdings ist der Unterschied hierbei, dass der Tantrismus sich auf zwei Religionen, den Hinduismus und den Buddhismus fokussiert, während die Esoterik eine Ansammlung von philosophischem Wissen aus sämtlichen Religionen darstellt, angefangen beim Christentum bis hin zum Buddhismus.
Einst wurde das esoterische Wissen streng geheim gehalten und nur innerhalb von ganz ausgewählten Kreisen geteilt. Doch dies ist mittlerweile nicht mehr der Fall, weil sich die Grundeinstellung zu Andersdenkenden verändert hat. Auch ist es heute so, dass jeder herzlichst dazu eingeladen ist, sich anhand der Esoterik spirituelles Wissen anzueignen. Der Tantrismus und die Esoterik ähneln sich ebenfalls in diesem Punkt. Zwar gelten tantrische Einweihungsriten, dennoch hat grundsätzlich jeder das Recht, mit zu machen. Die Anwendung von verschiedenen Ritualen und Magien ist auch eine ähnliche Eigenschaft.
Trotzdem werden spirituelle Sexualpraktiken im Namen der Esoterik eher selten und wenn, dann nur in okkultistischen Orden, von denen sich die Esoterik für gewöhnlich abspaltet, praktiziert.
Ergo hätten Esoteriker und Tantriker wahrscheinlich ziemlich viel Gesprächsstoff und am Ende würden sie bestimmt feststellen, dass sie alle Brüder und Schwestern im Geiste sind.
Auch heute noch ist diese Aussage in vielen Trausprüchen ein gebräuchlicher Abschluss. Wie wir aber alle wissen, kommt es in vielen Fällen meistens gar nicht dazu. Eine im Himmel geschlossene Ehe endet oftmals nach nur wenigen Jahren vor dem Scheidungsanwalt. Hat sich der Stellenwert von Liebe und Beziehung geändert? Die Antwort lautet - Ja, denn das war nicht immer so. Erst seit den 60er oder 70e ...Artikel lesen
Unbewusst haben wir alle sie in unserem Leben, aber nur die wenigsten nehmen sie tatsächlich als solche wahr - Rituale. Sei es der Tag, der mit Zähneputzen und Kaffeetrinken beginnt, oder das regelmässige Schlafengehen als Kind zu einer festen Zeit. Wir sind mit diesen Abläufen gross geworden und leben weiter damit, ohne gross darüber nachzudenken. Es ist uns nicht anders bekannt. Solche Rituale s ...Artikel lesen